Der Herr Karl – ist überall

Projektbeschreibung
Informationen für Übersetzende
Projektbeschreibung
Dekonstruktion der Österreichischen und anderer Identitäten. Auslotung von Machtverhältnissen in einer Gesellschaft
Theater- und Filmprojekt/Übersetzungsprojekt
Ausgehend vom original „Der Herr Karl“ von Helmut Qualtinger wird in Arbeitsgruppen eine „kulturelle“ Übersetzung erstellt.
Die Idee für dieses Projekt kommt aus den Erfahrungen, die 2017 in einem Sprachkurs für Migrant*innen gesammelt wurden.
Den seit damals zu Sprachkursen verpflichteten Flüchtenden wurde durch diese Maßnahme scheinbar auf ewig das Sprachniveau B1 zugewiesen. Dass das Erlernen einer Sprache vor allem eine emotionale Angelegenheit ist und Druck und Strafen ein mäßiger Motivator sind, ist den Östereicher*innen nicht wirklich aufgefallen, sind wir doch mit dieser Methode noch von der Schule her vertraut – oder gehören Sie zufällig zu jenem verschwindenden Anteil von ehem. Schüler*innen, denen ihre 2. oder 3. Fremdsprache noch geläufig ist?
Den Ankommenden zwingen wir in der Folge einen Sprachkurs auf, gespickt mit Belehrungen aller Art über Werte, Demokratie und Freiheit. Beschlossen wurde diese Zwangsmaßnahme unkurioserweise federführend von einer illiberalen Rechtsaußenpartei.
„Der Herr Karl ist überall“ ist ein Gegenprojekt zu dieser Art von Kulturvermittlung. Ausgangspunkt ist ein österreichisches Standardwerk von Helmut Qualtinger „Der Herr Karl“ aus dem Jahr 1961. Dieses Stück bietet sich an, weil Qualtinger eine Figur schafft, die man hierzulande auf den ersten Blick als sehr „österreichisch“ empfindet. Doch während des Stücks wird schnell klar, dass wir es nicht mit dem „gemütlichen, bequemen und etwas rebellischen“ Österreicher zu tun haben, sondern ganz im Gegenteil, der Herr Karl ist unterwürfig (a Fahndl im Wind), berechnend, empathiefrei und trotzdem zu deppert, um wirklich zu etwas zu kommen – ganz abgesehen vom fatalen Frauenbild. Es fehlt im dabei an jeder Art von Einsicht, er plaudert ganz ungezwungen aus der Tasche. Nur an manchen stellen erkennt man, dass dem Herrn Karl klar ist, dass gewisse Ereignisse der Vergangenheit aus aktueller Sicht nicht gut aussehen. Dann kippt er plötzlich aus dem Wiener Dialekt in ein hilfloses Hochdeutsch und sagt Sätze, die man als Österreicher*in nur zu gut kennt: sie stellen Österreich als Opfer dar, betonen das gemütliche Gemüt, die schöne Landschaft, etc.
Für dieses Projekt werden Arbeitsgruppen gebildet, die in Workshops eine liebevolle „kulturelle“ Übersetzung des Stücks anfertigen. Dabei wird darauf geachtet, die Bedeutung der Sätze genau zu verstehen und nach einem passenden Bild aus der jeweils anderen Kultur zu suchen. Nachdem davon auszugehen ist, dass der Herr Karl eine universelle Figur ist, werden die Teilnehmenden ermuntert, „Herr Karl Geschichten“ zu erzählen: Geschichten von Wendehälsen, Machtmissbrauch, dem alltäglichen kleinen Übergriff, Vergangenheitsglättung und Angeberei.
Die Arbeiten sollen in der Folge öffentlich zugänglich gemacht werden. Der Künstler Remo Rauscher wird ein Video erstellen, die Form – dokumentarisch oder darstellend – ist derzeit noch offen. Möglich wäre auch Wikipedia-Seiten in der jeweiligen Sprache anzulegen und die Übersetzungen für den Download zugänglich zu machen. Die Arbeitsgruppen werden von Karl Gstötenmayer, Walter Stadler und Isabella Herber betreut. Ziel ist es in jeder Sprache mindestens 10min zu übersetzen.
Informationen für Übersetzende
Dokumentation: Eure Übersetzungsarbeit soll dokumentiert und anderen zugänglich gemacht werden. Für jede Sprache wurde ein Cloud-Ordner angelegt, worin bereits transkribierte Seiten liegen. Die Seiten heißen: Seite01, Seite02… und beziehen sich auf die Seiten des Originalskripts von Helmut Qualtinger, hier die zBsp. Seite 1.
Den Link und das PW bekommt ihr per WhatsApp oder per Mail. Oben die Namen der Übersetzenden und das Datum bitte einfügen. Ihr könnt direkt online arbeiten.
Prämissen für die Übersetzung
Der Herr Karl ist ein einfacher Mensch, er spricht im damaligen Wiener Dialekt. Wenn er etwas beschönigen will, verfällt er kurzfristig in ein „patschertes“ (schlecht gekonntes) Hochdeutsch – diese Stellen sind im Transkript blau. Für die Übersetzung geht von der Sprache oder dem Dialekt aus, wo ihr kulturell lokalisiert seid und sucht nach einem entsprechenden Sprachniveau. Für die blau gekennzeichneten Stellen überlegt euch etwas, das in eurer Sprache etwas gehobener klingen soll (aber nicht wirklich gelingt).
Der Herr Karl nimmt vielfach Bezug auf die Österreichichische Geschichte. Ihr könnt bei eurer Übersetzung auf historische Ereignisse eurer Kultur Bezug nehmen, dies aber bitte im Kommentar erwähnen.
Übersetzt nicht wörtlich! Überlegt euch, wie der andalusische, bosnische, afghanische, portugisische, tschechische, bosnische, arabische, französische Herr Karl sagen würde. Traut euch Bilder zu finden, die aus eurer Sprache kommen!
Last, but not least: Sucht nach einem entsprechen Namen für das Stück. Ein häufig vergebener Vorname und eine Entsprechung für die Bezeichnung Herr (für die Spanische Gruppe: Don Carlos ist schon vergeben 😉
Weiterführende Dokumente
Wikipedia – Historische Ereignisse im Stück