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Der Herr Karl – ist überall

Der Herr Karl ist überall - Übersetzungs- und Theaterprojekt

Wir in Österreich verpflichten die nach Österreich geflüchteten Menschen gerne zu Sprachkursen (die auch gleich eine Einführung ins österreischische Wertesystem beinhalten). Unser Projekt ist als Reaktion auf die populistische Forderung nach Zwangsvermittlung von Sprache und Kultur entstanden, bei der notgedrungen sowohl Sprache als auch Kultur zu kurz kommen. „Der Herr Karl ist überall“ ist eine empathische Vermittlung von Sprache und Kultur auf Augenhöhe.

Seit 2016 formt und organsiert das DH5 immer wieder Sprachgruppen, wo es um die Übersetzung literarischer Texte geht. Dabei werden mögliche Bedeutungen und Entsprechungen in der jeweils anderen Kultur und Sprache ausgelotet.

Seit 2020 arbeitet das DH5 in mehreren Kleingruppen an einer Übersetzung des Stücks "Der Herr Karl" von Helmut Qualtinger und Carl Merz aus dem Jahr 1961.

 

Warum ist gerade dieses besonders interessant für Menschen, die nach Österreich gekommen sind?

Ein gemeinsamer Blick in den Abgrund

Qualtinger und Merz demaskieren den Homo Austriacus, sie kratzen an der süßelnden Oberfläche der österreichischen Identität und die gemütlich-melancholische österreichische Seele entpuppt sich als opportunistisch und charakterlos. Aus gemütlich wird faul, aus gastfreundlich berechnend, und musisch? Am liebsten würde der Herr Karl „all die Kinos und Theater anzünden“.

Der Herr Karl ist kein schillernder Bösewicht im Format von Vito Corleone, er ist vielmehr ein richtiges Würschtl, aber ein böses. Die Annahme, dass das „böse Würschtl“ eine Universalie in hierarchischen Gesellschaften ist, hat den Herrn Karl für dieses interkulturelle Sprach- und Theaterexperiment empfohlen. In den Sprachcafés, beim Übersetzen, kam viel Erlebtes an die Oberfläche. Genug, um daraus einen eigenen „Herr Karl“ zu machen. Der Herr Karl ist tatsächlich überall. Es ist diese banale Bosheit, die aus einer vermeintlichen Existenzangst heraus die Arbeit von Regimes erledigt.

In der öffentlichen Debatte um die verpflichtenden Deutschkurse ging es nie um pädagogische Zugänge oder Effizienz, sondern vor allem um den Zwangscharakter. Schon allein daran zeigt sich, dass das nicht ausgesprochene Motiv im Einzementieren der Hierarchie zwischen den Geflüchteten und den Ansäßigen besteht. Somit versteht sich das Projekt nicht nur als Kritik an den verpflichtenden Sprach- und Wertekursen sondern auch als eine an der im westlichen Kulturkreis etablierten Hierarchie zwischen Lernenden und Lehrenden. In den vielen Fällen bei der Übersetzungsarbeit war der Lehrmeister ein Unwissender, der die Sprache der anderen Person nicht beherrschte. Die Vermittlung bestand hauptsächlich in dramaturgischer Arbeit, die zum Ziel hatte, die Situation verständlich zu machen und Entsprechendes in der anderen Kultur zu finden.

Als Höhepunkt dieser gemeinsamen Anstrengungen wurde am 22. Juni 2024 der Herr Karl in 11 Sprachen und mit 12 Darstellerinnen auf die Bühne gebracht. 

 

Premiere "Der Herr Karl" am 22. Juni 2024 im Rahmen der langen Nacht der Bühnen

Das Stück gezeigt von 12 Darstellerinnen in 11 Sprachen

Fotos Jona Herber

 

  • Zahra Heidari
  • Tracee Rammerstorfer
  • Naïm und Ariel Aistleitner
  • Kristin Henkel
  • Gemma Pamies
  • Leticia Carneiro
  • Margo und Anastasya
  • Carolina Ropero
  • Florina Platzer
  • Jeanette Loots
  • Margo Varabel
  • Nastya Saparava

Übersetzung: Die Darsteller*innen, Marixeli Barea García und Susanna Aistleitner

Sprachen: Russisch, Belarussisch, Französisch, Englisch (amerikan.), Afrikaans, Deutsch, Katalanisch, Spanisch (andalusisch), Dari (afghan.), Rumänisch und Portugiesisch (brasil.)

Produktion: Petra Kettl, Remo Rauscher, Moritz Danner, Walter Stadler, Kristin Henkel

Grafik: Marixeli Barea García

Musik: Karl Gstöttenmayr

Beilage zur Premiere vom 22.6.2024