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Kulturverein Damen&Herrenstraße

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Messbarkeit von Schulleistung

Als unter Maria Theresia die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde, orientierte man sich, dem Zeitgeist entsprechend, an der Funktionsweise einer Maschine. Fasziniert von den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und vom technischen Fortschritt, stellte man sich die Gesellschaft wie das wohlgeordnete Zusammenspiel der Teile einer Mechanik vor, in der Ordnung und Hierarchie für ein reibungsloses Funktionieren sorgten. Als Vorlage für die Schule diente in vielerlei Hinsicht das Militär: eine matrix-artige Organisation des Unterrichts, Hierarchie, Pünktlichkeit, Gehorsam. Dem Drang der Aufklärung nach Eindeutigkeit und makelloser Objektivität, ließ postulieren: die Leistung der Lernenden sei messbar, und zwar auf einer Skala von 1 – 5.

So ist das bis heute. Gegenstände, die sich der Messbarkeit allzu offensichtlich entziehen, erzeugen einen Rechtfertigungsdruck, der zur Folge hat, dass Kriterien, die diese Eigenschaft erfüllen, ein überdimensioniertes Gewicht bekommen. In den Sprachen bekommt das geschriebene Wort große Bedeutung, denn Rechtschreibfehler kann man zählen. Die Mathematik, das Kind der Logik, wird zur Königsdisziplin, weil sie den Anspruch an Objektivierbarkeit anscheinend am besten zu erfüllen mag, aber nur indem in unseren Mathematikunterrichten all das, was das Bild der Eindeutigkeit trüben könnte, konsequent umschifft wird. Und so verzichtet man auf die wertvollen Anknüpfungspunkte, von welchen aus Anker in andere Disziplinen geworfen werden könnten.

Fächer, die sich selbst bei bestem Willen nicht quantifizieren lassen, werden im Angesicht dieses Anspruchs zu Orchideenfächern, wo es scheinbar um nichts geht.

Die Crux, in welcher wir uns gegenwärtig befinden, ist, dass just der messbare Teil der Welt das natürliche Substrat der Algorithmen darstellt.

In dieser Hinsicht war die Einführung der Zentralmatura – getragen vom Wunsch nach Vergleichbarkeit und Objektivität – ein wesentlicher Schritt in die falsche Richtung. Um die Matura auf nationaler Ebene als Messlatte für schulische Leistung hinzutrimmen, wurden konsequent jene Anteile ausgeschieden, die sich einer Messbarkeit entziehen. Um wieder das Fach Deutsch als Beispiel zu nehmen: die Textsorten, die seither den Stoff der Deutsch-Matura dominieren, sind genau das Terrain, wo chatgpt und Kohorten am erfolgreichsten zum Einsatz kommen. Dort wo Ambivalenz herrscht und sich die Materie einer Darstellbarkeit im Code wahr/falsch entzieht, bekommen Algorithmen keinen Fuß auf den Boden.

Derzeit ringt die Schule um eine rasche und sinnvolle Integration des Werkzeugs der künstlichen Intelligenz in den Lernalltag, wobei es zur Kollision mit unseren Leistungsidealen kommt. Entweder bleibt diese Integration oberflächlich, was spätestens bei Prüfungen offensichtlich wird, wenn diese buchstäblich nur „auf“ dem Computer und nicht „mit“ ihm geschrieben werden, weil man ihn, um unsere Vision von individueller und messbarer Leistung zu verwirklichen, alles nimmt, was ihn von einer Schreibmaschine unterscheidet: Intelligenz und Kommunikationsmöglichkeiten. Oder man beginnt mit einer grundlegenden Umgestaltung des Bildungssystems, die die von der Wissenschaft fragmentierte Welt zusammenfügt, und sich mit Nichtwissen und Ambivalenz auseinandersetzt. Gewinnerinnen wären Kunst und Kreativität, aber auch die Möglichkeit Schule näher an die Lebenswelt der Lernenden zu rücken. Die Zentralmatura würde eine solche Umgestaltung vermutlich nicht überleben.